Verfolgt - Teil 2
Ein Fortsetzungsroman
Lest hier den zweiten Teil von Levins Geschichte.

Mit einem Lächeln im Gesicht ging Levin zurück zu seiner Klasse. Er betrat den Biologieraum und lief zu seinem Platz in der letzten Reihe, wobei ihm der spöttisch grinsende Blick von Felix nicht entging. Sofort war das Hochgefühl von vorhin verflogen und das Unbehagen machte sich wieder in seinem Bauch breit. Er setzte sich auf seinen Platz und spürte plötzlich etwas Klebriges unter sich. Erschrocken sprang er auf, schaute an sich herunter und sah, dass ein dicker Kaugummiklumpen hinten an seiner Hose klebte. Mit rotem Kopf sah er auf und blickte direkt in Felix Gesicht, der sich vor Lachen bog. Wie konnte er nur so gemein sein. Auch die anderen Mitschüler fingen an zu lachen und Felix rannte mit hochrotem Kopf aus dem Klassenzimmer. Auf der Toilette versuchte er vergeblich, die bläuliche Klebemasse von seiner Hose zu entfernen, aber da war nichts zu machen. Zitternd ging er in eine der Kabinen, schloss hinter sich ab und ließ sich auf den Boden sinken. Er wollte nicht zurück zu seiner Klasse. Am liebsten würde er nie wieder diese Schule betreten.
Was machte er nur jedes Mal falsch? Wieso traf es immer ihn? Die restliche Stunde blieb er auf dem Boden sitzen, irgendwann stand er auf und lief zielstrebig auf den Ausgang des Schulgebäudes zu. Er nahm nichts um sich herum war, auch Frau Berger, die an ihm vorbeilief und ihm besorgt nachschaute, schenkte er keine Beachtung. Zu Hause angekommen verkroch er sich in sein Zimmer und legte sich auf sein Bett. Wie sehr wünschte er sich, seine Mutter wäre in diesem Moment bei ihm. Sie hätte ihn getröstet, hätte ihm aufmunternde Worte zugeflüstert und er hätte sich besser gefühlt. Aber sie war nicht da und sie würde nie wiederkommen. Plötzlich hielt er es in seinem Zimmer nicht mehr aus. Er musste an die frische Luft, musste raus aus diesem Haus, das immer enger zu werden schien. Levin warf sich seine Jacke über und ging nach draußen.
Er lief den langen Waldweg entlang, der in den nächsten Ort führte, atmete die kühle frische Luft ein und lauschte dem leisen Rauschen der Blätter. Bald ging er an den ersten Häusern vorbei, immer mal roch es nach Mittagessen und Lachen drang aus den Wohnungen bis auf die Straße hinaus. Levin blieb an dem Schaufenster eines Spielzeugladens stehen und ging dann weiter bis zu der kleinen Parkanlage. Es begann zu nieseln, aber ihm machte das nichts aus. Er mochte das herbstlich graue Wetter. Plötzlich tippte ihn jemand von hinten auf die Schulter und er fuhr herum. Er wollte schon mit seiner Faust ausholen, er war sich sicher, in Felix hässlich grinsendes Gesicht zu schauen, aber im letzten Moment widerstand er dem Drang, zuzuschlagen. Vor ihm stand Cora. „Hi.“ Sie schaute ihn etwas erschrocken an, lächelte dann aber und Levins Herzschlag beruhigte sich wieder. Auch er lächelte nun. „Was machst du denn hier?“, fragte er. „Ich wohne da drüben und habe dich vorbeilaufen sehen.“ Sie deutete mit dem Finger auf eines der alten Fachwerkhäuser. „Und du?“ Levin zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, ich wollte einfach weg von zu Hause.“ „Willst du mit zu mir kommen?“, fragte sie und Levin nickte. In ihm breitete sich ein unglaublich tolles Gefühl aus. Wie lange war er nicht mehr bei einem Klassenkameraden zu Hause gewesen. Wie lange hatte ihn niemand mehr gefragt, ob er sich mit ihm treffen wollte. Levin nickte und folgte Cora in das schöne Fachwerkhaus. Schon als die hölzerne Haustür aufschwang, drang der köstliche Geruch von Gebäck und Tee in seine Nase. Sie zogen ihre nassen Schuhe und Jacken aus und Levin folgte seiner neuen Freundin in die gemütliche Küche, wo eine kleine alte Frau am Herd stand.
Sie hatte ihre schneeweißen Haare hochgesteckt und trug eine rote Kochschürze mit Blumen darauf. Sie drehte sich um und ein breites Lächeln zog sich über ihr faltiges Gesicht. „Oma, das ist Levin. Ein Freund aus der Schule.“ Die alte Dame ging auf ihn zu und umarmte in herzlich. „Sie haben es aber schön hier, Frau...“, meinte Levin, aber die alte Frau unterbrach ihn lächelnd. „Nenn mich einfach Oma Helga.“ Levin nickte und sein ganzer Körper füllte sich mit Wärme. So fühlte sich Familie an. Er spürte die Liebe und den Frieden, der dieses Haus erfüllte, so, wie es früher auch bei ihm zu Hause gewesen war. In seinem Kopf krochen die Erinnerungen hervor, wie sie als gesamte Familie auf dem Sofa gesessen, Tee getrunken und gemeinsam gelacht hatten. Oma Helga riss ihn aus seinen Gedanken. „Möchtest du Kekse und Tee?“ Levin nickte und setzte sich an den alten Küchentisch. Erst jetzt bemerkte er, dass er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, und sein Bauch begann augenblicklich zu knurren. Für einen Moment vergaß er sogar Felix und seine Kumpels. Bis es dunkel wurde, blieb er bei Cora, sie redeten, lachten und aßen, aber über Felix hatte Levin ihr nichts erzählt. Er hatte sich nicht getraut, denn was wäre gewesen, wenn sie ihn dann mit anderen Augen sehen würde oder nicht mehr mit ihm befreundet sein wollte? Er wollte sie zuerst besser kennenlernen. Ihm war bewusst, dass dies ein Fehler war, denn wie oft hatten sie in der Grundschule gesagt bekommen, wie wichtig es sei, sich nicht zu verstecken, sondern mit seinen Eltern, Freunden oder Lehrern zu reden. Wäre seine Mutter noch da, würde sie ihn verstehen. Jetzt hatte er nur einen Vater, der sowieso fast nie zu Hause war, und wenn dies dann doch einmal der Fall war, hatte er keine Zeit für ihn.
Als es dunkel wurde, machte er sich auf den Weg nach Hause. Er lief die mit Straßenlaternen beleuchteten Straßen entlang, die Hände in den Jackentaschen vergraben und den Blick auf den Boden gerichtet. Er spürte, wie sein Herz klopfte, und warf einen kurzen Blick hinter sich. War da nicht eben noch ein Schatten gewesen? Er beschleunigte seine Schritte und schaute sich immer wieder um, aber da war niemand. Er war allein. Er lief schneller, dann bog er auf den dunklen Waldweg ein, der zu ihrem Haus am Waldrand führte. Er drehte sich abermals um, aber wieder war weit und breit niemand zu sehen. Konnte sein Gefühl ihn derart täuschen? Er spürte es, dass jemand hinter ihm war, aber dort war niemanden zu sehen. So schnell er konnte, rannte er den Waldweg entlang. Er ignorierte das schmerzhafte Seitenstechen und die kalte Luft, die in seinen Lungen brannte. Atemlos kam er vor der hölzernen Haustür zum Stehen, drehte den Schlüssel im Schloss und stürzte in den kleinen Flur hinein. Bevor er die Tür schloss, sah er ein letztes Mal hinter sich und er war sich nicht sicher, ob sein Verstand ihm einen Streich spielte, aber ganz in der Ferne, am Anfang des Waldweges sah er drei schwarze Gestalten, die in seine Richtung zu schauen schienen.
3.Kapitel
Levin zog seine Schuhe aus, warf seine Jacke auf die Treppe und ging in die hell erleuchtete Küche. Sein Vater saß am Esstisch, den Blick auf seinen aufgeklappten Laptop gerichtet. Als Levin auf ihn zu kam, sah er kurz auf und lächelte ihn an. „Wo bist du gewesen?“, fragte er. „Bei einer Freundin.“ Sein Vater nickte und wendete seine Aufmerksamkeit wieder seiner Arbeit zu. „Und wie war es in der Schule?“, erkundigte er sich, ohne seinen Blick vom Bildschirm abzuwenden. „Gut“, log Levin. Sein Vater hatte schon genug um die Ohren, warum sollte er ihn mit seinen Problemen auch noch belasten. „Wie heißt denn die Freundin?“ „Cora.“ Sein Vater nickte erneut. Und wie ist deine Klasse? Sind dort nette Kinder?“ „Klar, ich verstehe mich super mit allen.“ Sein Vater schaute ihn forschend an. „Schön“, antwortete er dann. „Lust auf Pizza?“ Levin nickte, setzte sich neben ihn an den Tisch und klappte den Pizzakarton auf. Wirklich großen Hunger hatte er nach der Riesenportion Plätzchen nicht, aber wann kam es schonmal vor, dass er mit seinem Vater zusammen am Tisch sitzen konnte? Er nahm ein Stück in die Hand und biss hinein. Schweigen breitete sich in der kleinen Küche aus, nur das Klappern der Tastatur war zu hören. Levin schaute nachdenklich zum Fenster hinaus. Sollte er seinem Vater von Felix erzählen? Wahrscheinlich könnte er sowieso nichts ändern, aber wie gern würde Levin einfach all seine Ängste und Sorgen einmal aussprechen. Er hatte niemanden, mit dem er über seine Gefühle sprechen konnte. In diesem Moment tauchten die Bilder von vorhin in seinem Kopf auf. Hatte er sich die drei Gestalten im Wald nur eingebildet oder hatte ihn wirklich jemand verfolgt? Er musste mit seinem Vater darüber sprechen. „Papa, ich...“, begann er, aber sein Vater unterbrach ihn. „Ich muss nochmal los, bin noch mit einem Kollegen verabredet.“ „Aber...“, begann Levin, doch sein Vater war bereits aufgestanden. Er gab seinem Sohn einen Kuss auf den Kopf und strich ihm über die Wange. „Ich weiß, dass das gerade alles etwas schwer für dich ist, aber gerade am Anfang muss ich mich bei meiner Arbeit sehr anstrengen, um einen guten Eindruck zu machen. Ich muss Kontakte knüpfen, genau wie du.“ Er strich ihm über den Kopf. „Es tut mir leid, dass ich so wenig Zeit für dich habe, aber ich verspreche dir, dass es besser werden wird. Ich werde versuchen, öfter zu Hause zu sein, du musst jetzt ein starker Junge sein.“ Er zog sich seine Jacke über. „Morgen können wir reden, okay? Morgen werde ich für dich da sein.“ Levin nickte und versuchte zu lächeln. „Bis morgen, mein Großer.“ Dann fiel die Tür zu und es war still im Haus. Wie sehr hatte Levin sich auf einen Abend mit seinem Vater gefreut. Sie hätten einen Film schauen und vor allem hätte er seinem Vater von Felix erzählen können. Sein Vater liebte ihn, das wusste er, aber trotzdem war seine Arbeit ihm wichtiger. Sah er wirklich nicht, wie Levin litt? Er ließ das Pizzastück zurück in den Karton fallen, der Appetit war ihm vergangen. Es war schon spät, also ging er hinauf in sein Zimmer und machte sich bettfertig.
Als er sich hingelegt hatte, versuchte er zu schlafen, aber er konnte nicht. In seinem Kopf kreisten zu viele Gedanken und wenn er nur an den bevorstehenden Morgen dachte, krampfte sich sein Magen schmerzhaft zusammen. Er konnte in seinen Ohren schon das fiese Lachen der Jungs hören und sah ihre herablassenden Gesichter vor seinem inneren Auge. Bald schlief er dennoch ein und wachte am nächsten Morgen mit dem Klingeln seines Weckers auf. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es höchste Zeit war, sich für die Schule fertig zu machen, ob er nun wollte oder nicht, er hatte keine Wahl. Schwerfällig stand er auf, zog sich an und ging in die Küche. Ein Blick in den Kühlschrank verriet ihm, dass sein Vater einkaufen gewesen war. Er nahm sich ein Brot von der Anrichte, legte zwei Scheiben Wurst darauf und packte alles in seine Brotdose. Nachdem er die Zähne geputzt und seinen Ranzen gepackt hatte, verließ er das Haus und machte sich auf den Weg zur Schule.
Als er an der Archimedesstatue vorbei lief, bemerkte er, wie einige Schüler auf ihn zeigten und tuschelten. Sie hielten ihre Handys in der Hand. Levin versuchte, ihre belustigten Blicke zu ignorieren und spürte, wie sich Angst in seinem Bauch breitmachte. Er kannte die Schüler nicht, aber sie schienen ihn zu kennen. Was hatte Felix getan? Auf dem Weg zu seinem Klassenraum sah er immer mehr Schüler, die lachend auf ihn zeigten, und in Levin schrie alles nach Flucht. Woher kannten ihn alle? Als er den Klassenraum betrat, wurden seine Mitschüler plötzlich still und tuschelten mit ihren Nachbarn. Felix, Marlon und Dilan lehnten mit vor der Brust verschränkten Armen an ihren Tischen und lächelten ihm verschmitzt zu. „Na? Wie geht’s Fettklops?“ Levin versuchte, ihn nicht zu beachten, und ging zu seinem Platz in der letzten Reihe. Seine Mitschüler drehten sich immer wieder zu ihm um und kicherten. Aber was um Himmelswillen war so lustig? Hatte er wieder irgendetwas an sich? In diesem Moment betrat Frau Berger den Raum und alle steckten ihre Handys weg. Die Lehrerin ließ den Blick über ihre Klasse schweifen, wobei Levin nicht entging, wie ihr Blick an ihm hängen blieb. Sie schaute ihn besorgt an, bevor sie den Blick weiter schweifen ließ und ein freundliches Lächeln aufsetzte. Während der gesamten Stunde versuchte Levin, sich auf Frau Bergers Unterricht zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht. Immer wieder sah er die lachenden Mitschüler vor sich.
Als die Stunde beendet war, packten alle ihre Sachen zusammen und liefen in Richtung der Kunsträume. Levin verließ als letzter den Raum und wollte gerade den anderen folgen, als er die Stimme seiner Klassenlehrerin hinter sich vernahm. „Levin? Warte doch mal kurz.“ Er seufzte und drehte sich um. Frau Berger war aufgestanden und ging nun langsam auf ihn zu, während sie ihn mit besorgtem Blick musterte. „Ist alles in Ordnung bei dir?“ Levin nickte und Frau Berger seufzte. „Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht. Gestern, als du völlig aufgelöst aus der Toilette kamst und dann deine ständige geistige Abwesenheit. Du kannst mit mir reden!“ Levin wendete den Blick ab und schaute auf den Boden. Vor seinem inneren Auge sah er den Zettel, den Felix vor einigen Tagen in Musik auf seinen Tisch gelegt hatte. „Ich darf mit ihnen nicht darüber reden.“ Frau Berger legte ihm die Hände auf die Schultern und schaute ihm eindringlich in die Augen. „Wenn jemand dich fertig macht oder du von jemandem gemobbt wirst, dann musst du mit mir reden! Ich kann dir helfen.“ Angst breitete sich in ihm aus. Was würde Felix ihm antun, wenn er erfahren würde, dass Levin mit Frau Berger gesprochen hatte? Er schaute in die besorgten Augen seiner Klassenlehrerin. Wie gerne würde er ihr alles erzählen, aber er konnte nicht. Die Worte steckten in seinem Hals fest. „Ich muss jetzt zu Kunst“, krächzte er, lief zur Tür und rannte den Gang entlang. Bevor er um die Ecke bog, drehte er sich ein letztes Mal um und sah Frau Berger, die ihm hilflos nachschaute. Kurz vor Stundenbeginn huschte Levin hinter seinen Klassenkameraden in den Kunstraum und setzte sich auf einen freien Platz in der letzten Reihe. Felix drehte sich zu ihm um, das Handy in der Hand und grinste ihn triumphierend an. Die Ungewissheit in seinem Kopf machte Levin verrückt.
Was um Himmelswillen hatte Felix getan, dass ihn alle auslachten und er von Schülern schräg angeguckt wurde, die er nicht einmal kannte? Die Kunstlehrerin riss ihn mit ihrer Begrüßung aus seinen Gedanken und er versuchte, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Er mochte Kunst und Malen war eine seiner großen Stärken. Die Lehrerin erklärte einige grundlegende Techniken zum räumlichen Zeichnen und forderte die Schüler dann dazu auf, ein Bild von einer Stadtkreuzung zu malen. Dies würde ihre Aufgabe für die nächsten Wochen sein und Levin lächelte, denn ein ähnliches Bild hatte er bereits an seiner alten Schule malen müssen. Er suchte all seine Materialien zusammen und begann. Am Ende der Doppelstunde schaute er sein Werk zufrieden an. Es war wirklich gut geworden. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie Felix aufstand und in seine Richtung lief. Als er an seinem Tisch vorbei kam, stieß er mit dem Ellenbogen gegen den Wasserbehälter und die gesamte braune Brühe ergoss sich über sein Bild. Levin schaute Felix mit aufgerissenen Augen an, dieser verzog mitleidig den Mund. „Oh, das tut mir aber leid. Das war nicht mit Absicht.“ Er grinste gehässig und ging weiter zum Waschbecken. Levin schaute fassungslos auf sein völlig zerstörtes Bild und spürte, wie Tränen in seine Augen stiegen und eine noch nie dagewesene Wut in ihm hochkochte. Zornig stand er auf, ging auf Levin zu und schlug ihm mit der Faust mitten ins Gesicht. In der Klasse wurde es augenblicklich still und die Kunstlehrerin kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. Sie redete besorgt mit Felix, bevor sie sich mit wütendem Blick zu Levin umdrehte, ihn an den Schultern packte und zur Tür zeigte. „Raus!“ Levin drehte sich um und rannte aus dem Kunstraum. Er rannte immer weiter, bis er bei den Toiletten angekommen war. Er zitterte am ganzen Körper und schaute fassungslos auf seine Hand, an der Felix‘ Blut klebte. Was war nur in ihn gefahren? Wie hatte er derart die Kontrolle über sich verlieren können? Er ließ das kalte Wasser über seine Hände laufen und sank kraftlos auf den Boden. So blieb er einige Zeit dort sitzen, bevor er sich langsam erhob und zu seiner Klasse zurückging. Vorsichtig klopfte er an die Tür, betrat den Klassenraum und ging wortlos zu seinem Tisch in der letzten Reihe. Nachdem er sich hingesetzt hatte, ließ er den Blick über seine Klassenkameraden schweifen. Felix war nicht da.
Von dem restlichen Schultag bekam er nichts mehr mit und als es zum Stundenende klingelte, verließ er so schnell es ging den Raum. Als er durch den Hintereingang die Schule verlassen wollte, stellten sich ihm die Kumpels von Felix in den Weg. Marlon und Dilan. Sie drückten ihn an die Wand und schauten ihn wütend an. „Glaub ja nicht, dass du einfach so davon kommen wirst. Du wirst es noch bereuen.“ Levin konnte kein Wort sagen. „Und wenn du irgendjemandem von uns erzählst, dann machen wir dich fertig und versuch ja nicht, uns auszutricksen. Wir kriegen alles raus.“ Mit diesen Worten ließen sie ihn los und liefen in die entgegengesetzte Richtung davon. Levin blieb einen kurzen Moment stehen, um seinen rasenden Puls unter Kontrolle zu kriegen, dann ging er niedergeschlagen nach Hause. Er lief die vielen Straßen entlang, bis ihm plötzlich von hinten jemand auf die Schulter tippte. Er drehte sich um und vor ihm stand Cora. „Hi“, sagte sie und lächelte ihn an. Schweigend liefen sie nebeneinander her und Levin bemerkte, dass Cora ihn von der Seite forschend musterte. „Ist alles okay bei dir? Du wirkst so abwesend.“ „Nee, geht schon“, antwortete Levin und schaute zu Boden. „Wollen wir heute wieder was zusammen machen?“ Levin nickte wortlos. „Wenn du willst kannst du heute Nachmittag wieder zu mir kommen. Meine Oma hat Kuchen gebacken.“ Levin nickte abermals und rang sich ein Lächeln ab.