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| von Emily Arndt

50-jähriges Jubiläum — Ein Interview mit Vertretern des Abiturjahrgangs 1971

Ein ganz besonderer Artikel aus der Reihe "Abi- und dann?"

50 Jahre sind eine lange Zeit, in der sich vor allem unser Schulwesen drastisch verändert hat. Für die meisten von uns ist es völlig normal, digitale Medien im Unterricht zu nutzen und mit Jungs und Mädchen in einer Klasse zu sein. Seit vielen Jahren laufen wir jeden Tag an der mächtigen Archimedesstatue vorbei und betreten das Gebäude des Freiherr-vom Stein Gymnasiums. Dies taten bereits Generationen von Schülern vor uns und doch ist in den letzten 50 Jahren nicht alles an unserer Schule gleich geblieben.

Am 8. Oktober waren sechs ehemalige Schüler des Abiturjahrgangs 1971 an der Freiherr-vom-Stein-Schule zu Besuch. Sie teilten ihre Geschichten und Erinnerungen an ihre damalige Schulzeit mit uns und erzählten von Dingen, die in unserem heutigen Schulsystem unmöglich wären.

Alle Sechs waren zur damaligen Zeit in einer Klasse und erzählten uns, was sie in ihrem Leben alles erreicht haben. Rudolf Zibuscgka wurde Lehrer zunächst an der Winfriedschule und später an der Ulstertalschule in Hilders, „wo André Müller Schüler war“. Elmar Birkenbach arbeitete auch als Lehrer, allerdings in Berlin und acht Jahre lang in Ägypten. Reinhard Griebenow wurde Kardiologe in Köln und der Erhard Büchel, der nach seinem Wirtschaftsingenieurstudium in den elterlichen Betrieb eingestiegen war und dort auch immer noch arbeitet, ist heute der Präsident des europäischen Fahrradverbandes. Günter Tucher entschied sich dazu, Pastoralreferent zu werden, während Ulrich Schratz Bauingenieurwesen studierte und an vielen Großprojekten beteiligt gewesen ist.

Dass die Schulzeit damals eine andere war, zeigte sich auch schon daran, dass es für Günter Tucher, der selbst nicht aus einem akademischen Haushalt stammt, beim Übergang von der Grundschule „eine Ehre war am Gymnasium angenommen zu werden“, sodass er sich „die ersten drei Jahre mit enormem Engagement reingehängt“ hat. Über einige Lehrerinnen und Lehrer berichtet er, dass sie Persönlichkeiten waren, „die er vom Menschlichen wie auch der Art zu unterrichten“ sehr geschätzt hat und an die er sich noch heute sehr gut erinnern kann. Ein Lehrer hat, weil kein anderer Termin möglich war, vor dem Unterrichtsbeginn um 6.45 Uhr morgens, eine Griechisch-AG angeboten, sodass sich die Schüler nach drei Jahren sogar in diesem Fach im Abitur prüfen lassen konnten. Elmar Birkenbach erzählt von den Lehrern, die „die Fähigkeit hatten, erzählen zu können. Wir haben immer darauf gefreut, wenn die Lehrer anfingen Geschichten, zum Beispiel vom Krieg zu erzählen.“

Erhard Büchel kann sich noch gut an die Eisenbahn-AG erinnern, die es schon damals gab, in der man damals „aber nur reingucken und nichts anfassen durfte“. Ganz anders als heute. Zugleich erinnert er sich aber auch daran, dass vor allem bei den älteren Lehrern das Lehrer-Schüler-Verhältnis „sehr stark hierarchisch geprägt war.“ Was in unserem heutigen Schulsystem undenkbar wäre, war zur damaligen Zeit gang und gäbe. So bekamen Schüler damals auch Ohrfeigen, beispielsweise deshalb, weil die Klasse einen kleinen Streich gespielt hatte, wie einer der ehemaligen Abiturienten erzählt: „Einige Schüler hatten eine Kante an einem Tisch mit Kreide angemalt. Der Lehrer stellte sich daran und alle lachten natürlich, als er dann mit einem Kreidestreifen an der Hose vor der Klasse stand. Da ich in der Nähe saß, habe ich die Ohrfeige abbekommen, obwohl ich es nicht gewesen war.“ Im Laufe des Interviews kristallisierte sich vor allem der Unterschied im Lehrer-Schüler- Verhältnis zwischen 1971 und 2021 heraus. Die Lehrer waren damals autoritärer als heute.

Ein Ereignis, an das sich die sechs Schüler ebenfalls zurückerinnerten, war der Schulstreik gemeinsam mit Schülerinnen der Marienschule. „Die alten Autoritäten wurden angezweifelt, eigentlich wollte man alles umstürzen. Die unangezweifelten Autoritäten wurden von uns so nicht mehr akzeptiert. Wir haben alle Lehrer geschätzt, die einen anderen, neuen Umgang mit uns hatten. Das waren vor allem die jüngeren. Wir hätten am liebsten auch den Direktor abgesetzt.“

Reinhard Griebenow stellt fest, dass „man sehr unterschiedliche Typen in der Schule getroffen hat.“ Zum Beispiel den Kunstlehrer, der im Krieg Jagdflieger gewesen war und der sich bei einer Klassenfahrt in Paris anhand des Sonnenstands orientiert hat, ohne eine Karte nutzen zu müssen. Oder einen Mitschüler, der bei einer Klassenfahrt an den Bodensee nur eine Zahnbürste mitgenommen hat.

Doch auch das Schulgelände und auch das Schulsystem war ein anderes. Hättet ihr gewusst, dass der Archimedes zur damaligen Zeit rechts neben dem Eingang stand, weil an seinem heutigen Standort der Parkplatz des Direktors gewesen ist, dass der Abiturjahrgang 1971 der letzte mit einer reinen Jungenklasse war und dass man keine Fächer in der Oberstufe abwählen konnte?

Alle sechs Schüler sind der Freiherr-vom-Stein Schule „dankbar für die Hilfe auf dem Weg zum Selberdenken, zum Selbstständigwerden“ und für die Vorbereitung auf das Leben. Ihre Erinnerungen an die Schulzeit sind weitestgehend positiv und auch heute denken sie noch gerne an ihre Zeit in der Freiherr-vom-Stein Schule zurück. Rudolf Zibuscgka, der zu seiner Schulzeit manchmal Schwierigkeiten hatte, schätzt vor allem, gelernt zu haben, „mit Fehlern und Problemen so umzugehen“, dass er sein Abitur erreichen konnte „Das heißt, die Schule hat mir beigebracht durchzuhalten und sich den Anforderungen zu stellen und diese dann auch zu erfüllen.“

Ihr seid nun neugierig geworden und möchtet euch gerne die lustigen und auch ernsten Geschichten der sechs ehemaligen Schüler und ihre Erinnerungen an die Freiherr-vom-Stein Schule anhören? Dann klickt auf das Interview und hört es euch in voller Länge an. Es lohnt sich!

Das Interview in voller Länge

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