Verschwörungstheorien
Eine kurze Einführung
Angefangen bei den "Illuminaten" über die angeblich gefakte Mondlandung bis hin zu "Pizzagate": Verschwörungstheorien sind ein altbekanntes Phänomen und verbreiten sich derzeit rasant über die Sozialen Medien. Was haben sie gemeinsam, wer verbreitet sie und warum sind sie für einige Menschen so attraktiv?

Verschwörungstheorien – ein Definitionsversuch
Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären und die Schuld für diese bei bestimmten, meist hochrangigen Personen, zu suchen. Dabei widersprechen diese Theorien den gängigen Annahmen und eröffnen eine verblüffende, völlig neue Sicht auf die Dinge. Dies ist einer der Gründe, weshalb Verschwörungstheorien oft das Interesse einiger Bevölkerungsgruppen wecken. Sie sollen „Ordnung in das Chaos“ bringen, also einfache Erklärungen für komplexe Sachverhalte liefern.
Das Beispiel 9/11
Schauen wir beispielsweise auf den Terroranschlag auf das World Trade Center am 9. September 2001. Dieser Anschlag sorgte für Angst in der Bevölkerung. Wer war für diese Tragödie verantwortlich? An dieser Stelle kamen die Verschwörungsideologen ins Spiel. Laut ihnen hatten Mitglieder der US-Regierung bei diesem Anschlag die Finger im Spiel. Diese hätten das Attentat inszeniert, um einen Vorwand zu schaffen, in Afghanistan und in den Irak einmarschieren zu können, um dort an Öl zu gelangen. Eine einfache Erklärung für ein Ereignis, für das in der Bevölkerung Antworten gesucht wurden.
Suche nach einem Sündenbock
Das Sprichwort „Was nicht passt, wird passend gemacht“ bekommt in diesem Kontext eine völlig neue Bedeutung: Es wird für alles eine Erklärung gefunden, auch wenn sie noch so absurd klingt. Aber um ein Ereignis zu erklären, muss ein Schuldiger gesucht werden. Die Funktion des „Sündenbocks“ nehmen hierbei meist ranghohe Personen des öffentlichen Lebens ein. Wie wir am vorangegangenen Beispiel erkennen, werden als Schuldige oft Politiker oder Menschen, die einen hohen Machtstatus genießen, genannt. Auch dadurch werden Verschwörungstheorien für die Bevölkerung interessanter. Würde ein Verschwörungsideologe seinen Nachbarn oder Arbeitskollegen für ein weltbewegendes Ereignis zur Verantwortung ziehen, würde diese Theorie keine hohen Wellen schlagen, da niemand den „Sündenbock“ kennt.
Wer verbreitet Verschwörungstheorien?
Den „typischen“ Verschwörungsideologen gibt es nicht. Sie kommen aus allen Gesellschaftsschichten, Religionen und Kulturen. Diese Menschen bescheinigen sich selbst das „absolute Wissen“. Sie sind der Meinung, als einzige „den Durchblick“ zu haben, während alle anderen ahnungslos sind, was in der Welt wirklich vor sich geht. Meist gehen sie von völlig falschen Annahmen aus, wie Gesellschaft, Politik und Geschichte funktionieren. Sie rechnen mit der Planbarkeit historischer Ereignisse, doch in Wirklichkeit zeigt sich, dass Geschichte nun einmal nicht planbar ist.
Zu den derzeit bekannten deutschen Verschwörungstheoretikern zählen unter anderem der Sänger Xavier Naidoo oder der Koch Attila Hildmann. Auch sie verbreiten Theorien im Netz, die durch ihre Stellung in der Gesellschaft und ihrer großen Fangemeinde Anklang finden. Es gibt aber nicht nur berühmte Einzelpersonen, die im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien oft Erwähnung finden, auch ganze Gruppierungen rücken dabei in den Vordergrund. Eine der bekanntesten Gruppierung ist die QAnon-Bewegung. (Dazu findet ihr im Artikel „QAnon“ unter der Rubrik "Themenwoche US-Wahlen" mehr).
Welche Personengruppen glauben an Verschwörungstheorien?
Die Anzahl ihrer Anhänger wächst stetig. Statistisch gesehen gibt es mehr Männer als Frauen in der Gesellschaft, die zu den Gläubigern dieser Theorien gehören, aber auch sie kommen aus unterschiedlichsten Kulturen oder Religionen. Anfällig für Verschwörungstheorien sind aber vor allem Menschen, die schlecht mit Unsicherheit umgehen können. Sie wollen Antworten auf Fragen, die sie beschäftigen und belasten und diese werden ihnen durch Verschwörungstheorien geliefert.
Verschwörungstheorien – ein lang bekanntes Phänomen
Verschwörungstheorien sind nicht nur ein Phänomen unserer heutigen Zeit. Die ersten Fälle traten bereits im 12. Jahrhundert auf. Damals war der Begriff „Verschwörungstheorie“ allerdings noch nicht gängig. Im Jahre 1144 wurde erstmals behauptet, Juden hätten ein christliches Kind entführt, um es am Pessachfest in einem geheimen Ritual zu ermorden. Der erste Fall auf deutschem Boden ereignete sich wahrscheinlich in Fulda. Im Jahr 1235 kamen in Fulda fünf Kinder bei einem Hausbrand ums Leben und die örtlichen Juden wurden dafür verantwortlich gemacht. Die Einwohner glaubten, die Juden hätten die Kinder getötet, um ihr Blut in Säcke abzufüllen und als Heilmittel zu verwenden. Auch aus dem 14. Jahrhundert sind einige Fälle bekannt, die wir heute als Verschwörungstheorien bezeichnen würden. In dieser Zeit wurde die Bevölkerung von Pestepidemien geplagt. Auch in dieser Zeit waren die Juden das „Feindbild“ und wurden für alles verantwortlich gemacht. Ihnen wurde vorgeworfen, die öffentlichen Brunnen vergiftet und somit die Seuche verbreitet zu haben, um die Christenheit zu vernichten. Die „Sündenböcke“ müssen also nicht zwingend einzelne Personen sein. Es kann sich genauso um ganze Personengruppen handeln.
Bill Gates, die Weltgesundheitsorganisation und Social Media
Auch in unserer heutigen Zeit hören wir immer wieder von Verschwörungstheorien, vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. In diesem Zusammenhang taucht besonders häufig der Name „Bill Gates“ auf. Er ist der Gründer von Microsoft und damit eine hochrangige Person unserer Zeit. Verschwörungsideologen glauben, er habe die Entwicklung des Coronavirus finanziert, um Zwangsimpfungen einzuführen und gleichzeitig den Menschen Mikrochips zur Überwachung einzusetzen. Außerdem wird gesagt, er habe die WHO (Weltgesundheitsorganisation) gekauft und regiere nun in einer geheimen Diktatur die Welt. In einem Interview mit „Bild Live“ sagte Bill Gates: „Diese verrückten Ideen verbreiten sich irgendwie schneller in den sozialen Medien als die Wahrheit.“ Das Internet und die sozialen Netzwerke haben einen großen Beitrag zur Verbreitung der Verschwörungstheorien geleistet. Während diese Theorien sich früher ausschließlich mündlich verbreiten konnten, können sie heute in Sekundenschnelle in der ganzen Welt veröffentlicht werden.
Wie kann man sich schützen?
Wir haben nun viel über Verschwörungstheorien erfahren, aber was können wir tun, um nicht ebenfalls diesem Irrglauben zu verfallen? Ein wichtiger Punkt ist hierbei das analytische Denken. Wir müssen die Logik von Verschwörungstheorien hinterfragen. Eine große Rolle spielt auch die Quelle der Information. Wenn wir die oben aufgeführten Merkmale in einer Information erkennen, sollte mit diesen Infos vorsichtig umgegangen werden. Vor allem sollte man bei einer Recherche viele Quellen miteinander vergleichen, um Falschinformationen von der Wahrheit unterscheiden zu können und so die Verbreitung von Verschwörungstheorien zu erschweren.
TIPP:
Ihr möchtet auch mal testen, was es dazu braucht, Verschwörungstheorien in die Welt zu setzen? Dann probiert das Spiel „Get bad news“ (https://www.getbadnews.de/#intro) aus!