| von Philipp Manderscheid
Der Zauber der Stille – Ein Deutschgrundkurs der Q2 besucht Florian Illies Lesung über Caspar David Friedrich
Vermutlich haben sich jeder Schüler und jede Schülerin schon einmal in dieser Situation befunden – der Unterricht zieht sich wie Gummi, während draußen die Sonne scheint. Verträumt gleitet der Blick aus dem Fenster und wünscht sich hinaus aus der Enge des stickigen Klassenraums und hinein in die weite Welt. Wer auch immer diesen Gedanken bereits hatte, ist mit diesem nicht allein. Caspar David Friedrich, der berühmteste Maler der deutschen Romantik, hat diesen Moment in seinem bekannten Bild von der Frau am Fenster eingefangen.
Über die Hintergründe dieses Bildes und den Lebensweg des Malers konnten Schülerinnen und Schüler eines Deutschgrundkurses unserer Schule am Mittwoch, den 17. April, im Rahmen der Reihe „Literatur im Stadtschloss“ von keinem geringeren als Florian Illies, gebürtigem Schlitzer, ehemaligem Fuldaer Schüler und gefeiertem Bestsellerautor erfahren.
Illies hat im überfüllten Fürstensaal des Stadtschlosses aus seinem neuesten Werk „Zauber der Stille“ gelesen und direkt zu Beginn bemerkt, dass Friedrich eine solche Massenansammlung von Menschen vermutlich weniger erfreulich gefunden hätte. Gleichzeitig spreche es jedoch für den Maler, dass 250 Jahre nach seiner Geburt so viele Menschen kämen, um über sein Leben zu erfahren, darunter eben auch unser Deutschgrundkurs und zwei Austauschschüler aus Frankreich.
Und dieser Ausflug hat sich definitiv gelohnt. Lioba Diel lobte im Anschluss, dass das Buch keineswegs „trocken, sondern sehr interessant geschrieben“ sei und gleiches kann man auch über Illies’ Lesung sagen, die gespickt war mit Anekdoten wie der über die wachsende Ablehnung Goethes, der Friedrichs Bildgeschenke am einem gewissen Zeitpunkt ungeöffnet zurückgeschickt und die Stadt Weimar somit um ein Friedrich-Museum gebracht habe, oder der Geschichte von Walt Disney, der auf einem Besuch in München auf einen Bildband über den Maler gestoßen sei und seine Zeichentrickkünstler dazu angehalten habe, den Film Bambi am Stile Friedrichs auszurichten.
Während Friedrich heute aus der kollektiven Erinnerung der Deutschen kaum noch wegzudenken ist, waren die Menschen hierzulande nach seinem Tod nicht an seiner Kunst interessiert. Der Versuch der Witwe, die Bilder ihres verstorbenen Mannes zu verkaufen, scheiterten, Angehörige mussten sich diese zuhause in die Wohnung hängen. Jetzt im Jubiläumsjahr sind die Ausstellungen über Wochen im Voraus bereits ausverkauft. Friedrich kann also für jeden Schüler und jede Schülerin Vorbild und Mutmacher zugleich sein. Nur weil sich Erfolg nicht sofort einstellt, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass eine Sache niemals von Erfolg gekrönt sein wird.
Dieser stellte sich für Friedrich zunächst in Russland ein – eine Begeisterung, die bis heute anhält und erst vor wenigen Jahren Grund für eine gemeinsamen deutsch-russische Ausstellung in Dresden mit dem Titel „Träume von Freiheit“ war, im Rahmen derer auch das Gemälde Friedrichs zu sehen, das das Cover von Illies aktuellem Werk ziert. An dieser Stelle schlug der Autor dann jedoch auch nachdenkliche Töne an als er erzählte, dass Russland just in dem Moment, in dem sich das Bild auf dem Rücktransport in die Eremitage in St. Petersburg befand, die Träume von Freiheit der Ukraine beendet habe.
Dennoch sind die Schülerinnen und Schüler insgesamt mit durchweg positiven Eindrücken nach Hause gegangen. Victoria Kukshausen gefiel die humorvolle Gestaltung der Lesung und dass deutlich wurde, welchen Einfluss Friedrich auf verschiedenste Persönlichkeiten der Geschichte, wie Goethe, den Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV, den russischen Außenmister Sergej Lawrow oder sogar Hitler und die Kunstgeschichte und Kultur insgesamt gehabt habe. Für David Hasenau war die Lesung eine Reise „aus der Luft auf die Leinwand, von der Leinwand ins Buch und aus dem Buch in den Saal“, womit Florian Illies Caspar David Friedrich vom historischen Künstler zur Person habe werden lassen – „wie Pickman’s Model aber mit weniger Esoterik und mehr Depression.“
Anna Eichler ist vor allem Illies‘ Schlusssatz in Erinnerung geblieben: „Halten Sie sich immer ein kleines Stück Himmel über Ihrem Leben frei”. Dieser Satz ist für sie das Fazit seines Buches und ein Appell der Romantik. Egal was komme, man müsse immer an das Schöne, das Gute, das Romantische glauben. Dieser schöne Gedanke, so die Schülerin, sei ein guter Abschluss einer gelungenen Lesung gewesen und habe sie dazu veranlasst, Illies’ Buch direkt im Anschluss zu bestellen. Wer sich selbst ein Bild vom „Zauber der Stille“ machen möchte, findet dieses und weitere Werke des Autors auch in unserer Mediothek zur Ausleihe.