"Inklusionstour" macht Station in der FvSS
„Behinderung in Fulda?! Nicht mit uns.“, so lautete das Motto, unter welchem die Kölner Initiative „sport grenzenlos“ in Kooperation mit dem Lions Club Fulda vom 20. bis 26. Januar 2014 eine spezielle „Inklusionstour“ durchführte. Die Tour stand unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Horst Köhler und wurde vom Paralympicssieger im Rollstuhl-Tischtennis, Holger Nikelis, mitinitiiert. Am Freitag, 24. Januar, gegen 11:00 Uhr traf das hochrangige Team Paralympischer Spitzensportler auch in der Freiherr-vom-Stein Schule ein.

Zusammen mit ihrem Trainer Michele Comparato besuchten uns Holger Nikelis (Paralympicssieger 2004 und 2012, Tischtennis), Thomas Schmidberger (Paralympicszweiter 2012, Tischtennis), Selcuk Cetin (Vize-Weltmeister 2010, Tischtennis), Jannik Schneider (Nachwuchstalent TT) und Birgit Kober (Paralympicssiegerin 2012 Kugelstoßen und Speerwurf). Begleitet und unterstützt wurde das Spitzenteam an diesem Tag durch weitere Gäste, nämlich Mathias Leilich, Präsident des Lions Club Fulda, Petra und Elmar Rödel-Ebert sowie Edith Bing von der Interessensgemeinschaft barrierefreies Fulda (IGbFD).
OStD Sämann begrüßte die Besucher recht herzlich in unserer Mediothek, in der mittlerweile auch etwa 70 Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Religions- und Ethikkursen der Einführungsphase Platz genommen hatten. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde äußerten sich die Gäste mit großer Offenheit über ihr Leben mit der jeweiligen Behinderung, ihre sportlichen Aktivitäten trotz Behinderung sowie ihre persönlichen Motivationsgründe. Anschließend gab es Gelegenheit für Rückfragen seitens des Publikums. Dabei wurde u.a. die Frage gestellt, inwiefern sich die Sportler eigentlich im Alltagsleben diskriminiert fühlten. Jannik Schneider antwortete prompt mit dem Verweis auf seine Schulzeit. Er sei im Sportunterricht durchaus anders beäugt worden als seine Kommilitonen, da er eben auf einer Seite weniger Muskeln habe als auf der anderen. Auch beim Wettlaufen, so erinnere er sich, habe er stets einen langsameren Start vollzogen, konnte sich jedoch durch seine anderen Leistungen Respekt verschaffen. Selcuk Cetin, der als kaufmännischer Angestellter arbeitet und infolge einer Kinderlähmung im Rollstuhl sitzt, stellte fest, er fühle sich im Alltag „eher nicht“ diskriminiert. Wenn er Orte nicht betreten könne, lasse er sich einfach helfen. Birgit Kober wiederum kritisierte das merkwürdig mitleidsvolle Verhalten ihrer Mitmenschen, seit sie durch einen „Kunstfehler“ bei einer Operation im Rollstuhl sitze. Sie erinnere sich an die Zeit davor und wünsche sich, wie ein „normaler Mensch“ behandelt zu werden.
Eine weitere Frage der Schülerschaft konzentrierte sich ferner auf den sportlichen Bereich: Inwiefern spielen Dopingkontrollen auch bei den Paralympics eine Rolle? Birgit Kober erzählte diesbezüglich ausführlich von ihren eigenen Erfahrungen. Sie müsse alle Aufenthaltsorte ein Vierteljahr im Voraus in das ADAMS-System (Anti-Doping Administration & Management System) eintragen. Man dürfe sich maximal eine halbe Stunde vom angegebenen Aufenthaltsort entfernen. Theoretisch könne der Kontrolleur immer kommen und sei bei der Probenabgabe sogar unmittelbar dabei. Jannik Schneider ergänzte, dass man sich bei einem Krankenhausaufenthalt sogar eine genaue Auflistung der Medikamente geben lassen müsse, um diese dann bei einer Überprüfung den Doping-Kontrolleuren aushändigen zu können. Ein Verstoß gegen diese Auflagen führe im schlimmsten Fall zu einer zweijährigen Sperre.
Einig waren sich die Athleten darüber, dass der Behindertensport in Deutschland immer noch nicht die Anerkennung habe, wie dies in anderen Ländern der Fall sei, was das Training und die Erreichung von Erfolgen insgesamt sehr erschwere. In diesem Zusammenhang legte Thomas Schmidberger den Umstand dar, dass er sowohl studiere, um später seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können, als auch mehrere Stunden pro Tag trainiere, um mit der Weltspitze mithalten zu können. Andere deutsche Spitzenathleten wie Selcuk Cetin müssten ebenfalls neben ihrem Training einer beruflichen Tätigkeit nachgehen. In China und anderen Ländern dagegen müssten sich die Sportler um nichts anderes kümmern als um ihren Sport, denn sie würden dafür entsprechend entlohnt werden.
Am Ende der Veranstaltung luden die Gäste noch alle Zuhörer herzlich zur Abschlussveranstaltung der Inklusionstour in die Esperantohalle ein. Die Schülerinnen und Schüler selbst äußerten sich sehr positiv über diese Schulveranstaltung. Auf Nachfrage äußerte sich beispielweise eine Schülerin fasziniert: „Das war für mich sehr motivierend dafür, Dinge trotz Hindernissen anzupacken und nicht aufzugeben!“