Schulsanitäter helfen
Wie Schulsanitäter im Notfall helfen
Von Jörn Perske
Beulen, Platzwunden, Knochenbrüche: 1,5 Millionen Schulunfälle gibt es pro Jahr in Deutschland. Oft dauert es, bis Notärzte am Unfallort eintreffen. Um die Lücke zu schließen, sollen zunehmend Schulsanitäter ausgebildet werden. Freistunde auf dem Schulhof: Julian Bug springt auf einem Trampolin und unterhält sich mit einer Mitschülerin. In einem unachtsamen Moment tritt der 17-Jährige auf die Kante des im Boden eingelassenen Sportgerätes und stürzt schwer. Ein Fall für die Schulsanitäter am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Fulda. Sie werden über Lautsprecher ausgerufen und eilen aus den Klassenräumen. Meist sind sie die Ersten am Einsatzort und leisten Erste Hilfe.

Julian Bug muss nicht wirklich geholfen werden. Er mimt den Verletzten nur für eine Übung seiner Mitschüler. Unter der Aufsicht von Lehrer Christoph Hartmann spielen die jungen Sanitäter in ihren grell-gelben Westen verschiedene Szenarien durch. Was wäre bei einer klaffenden Platzwunde am Kopf zu tun? Was, wenn es nach einer Verletzung der Halswirbelsäule ausschaut? Mit präziser Ansprache und eingeübtem Vorgehen helfen die Sanitäter dem Pechvogel vom Trampolin Schritt für Schritt weiter - bis der alarmierte Notarztwagen eintrifft.
Maßgeblich unterstützt wird das Schulsanitäter-Projekt vom Malteser Hilfsdienst. An 30 Schulen im Bistum Fulda und mehr als 60 in Hessen haben sie die Initiative bereits etabliert. «Wir wollen die Schüler anleiten, schnell und qualifiziert zu helfen», erklärt die zuständige Malteser-Referentin in der Diözese Fulda, Brigitta Brähler-Fischer. Ziel der Malteser ist es, das Projekt auszuweiten und mehr Schüler fit zu machen als Schulsanitäter. Bislang klappt es ganz gut. Die Zahl der Schulsanitäter im Bistum Fulda hat sich im Vergleich zu 2009 in etwa verdoppelt.
In Hessen gibt es bereits 1200 Schulsanitäter. Sie leisteten 2011 schon mehr als 6000 Mal Hilfe. In ganz Deutschland - wo es zu jährlich 1,5 Millionen Schulunfällen kommt - zählen die Malteser 7200 Schulsanitäter in 500 Gruppen. Sie waren 2011 mehr als 25.000 mal im Einsatz, wie die Fuldaer Malteser-Sprecherin Stefanie Bode sagt. Die Malteser seien eine der Hilfsorganisation in Deutschland, die sich am stärksten beim Thema Schulsanitätsdienst engagiere. Aber auch das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter etwa bilden die Sanitäter aus.
Der Schulsanitätsdienst muss auch an der Stein-Schule in Fulda häufig eingreifen. «Bei 1500 Schülern passiert relativ viel, fast jeden zweiten bis dritten Tag. Meist sind es aber Blessuren», erklärt Schuldirektor Helmut Sämann. Zuweilen sind es indes auch schwere Unfälle. Einem Schüler sei mal ein schwerer Tisch auf den Fuß gefallen. «Ich hätte nicht gedacht, dass soviel Blut aus so einem kleinen Fuß kommen kann - das war schon heftig», sagt Schulsanitäterin Eva Gugel (16).
Zu Unfällen kommt es auch immer wieder während des Sportunterrichts. Oder im Sommer werden die Sanitäter häufig wegen Kreislauf-Zusammenbrüchen gerufen. «Nichts gegessen, zu wenig getrunken - und schon kippt einer um», berichtet Eva.
Mittlerweile gibt es allein an der Stein-Schule 32 Schulsanitäter. Ihr Fachwissen eignen sie sich bei Erste-Hilfe-Schulungen und zusätzlich drei Wochenendlehrgängen an. Schulsanitäterin Marie Bronz (16) sagt: «Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man helfen kann und Gutes tut - auch auf der Straße, wenn dort mal was passiert und man in der Nähe ist.» Für Julian Bug ist der Sanitätsdienst auch ein Zukunftsbaustein: «Wenn ich später Medizin studieren möchte, habe ich schon eine Grundlage.»
Betreuungslehrer Hartmann sagt: «Durch den Schulsanitätsdienst übernehmen die Jugendlichen soziale Verantwortung.» Dies könne auch bei späteren Bewerbungen etwa um Jobs von Vorteil sein, ergänzt Schuldirektor Sämann.